Veröffentlicht:
25. Juli 2012
Kategorie:
Fachartikel
Schaltzeitmessungen und die daraus resultierende Gleichlaufauswertung zwischen den Polen und den Unterbrechereinheiten innerhalb eines Leiters sind grundlegende und am häufigsten durchgeführte Prüfmethoden an Leistungsschaltern in fast allen Bauformen und Spannungsebenen. Am Markt sind für den Einsatz in Hochspannungsumgebung geeignete Schaltzeitmessgeräte verfügbar, unter anderem von Megger.

Sollwerte für Schaltzeiten sind in den meisten Schalterhandbüchern gelistet. Für Gleichlaufauswertungen können die in DIN EN 62271-100 (VDE 0671-100) [1] aufgeführten Angaben für Leistungsschalter herangezogen werden. Alle gängigen Schaltzeitmessgeräte arbeiten nach ähnlichem Prinzip: Der Messkanal erzeugt eine Kleinspannung, zum Beispiel DC 24 V, welche über die zu untersuchende Unterbrechereinheit angelegt wird. Bei Überschreitung eines definierten Stromschwellwerts wird auf Kontaktgabe entschieden. Eine Einschränkung dieses verbreiteten Verfahrens ist jedoch, dass während der Durchführung der Messung der Leistungsschalter auf einer Seite enterdet werden muss. Hier entsteht eine potentielle Sicherheitslücke, die durch geeignete Maßnahmen abzustellen ist.
Beidseitige Erdung
Die Definition, einen Leistungsschalter zu Prüfzwecken in der Schaltanlage beidseitig zu erden, findet sich in der DIN VDE 0105-100 [2] bzw. DIN EN 50110-1 (VDE 0105-1) [3]. Grundsätzlich sollen alle Teile einer Hochspannungsanlage, an denen gearbeitet wird, geerdet werden. Besteht durch Unterbrechen oder Verbinden von leitenden Teilen die Gefahr von Potentialunterschieden, so muss an der Arbeitsstelle zusätzlich eine Überbrückung oder Erdung erfolgen. Kernpunkt dieser Maßnahmen ist die Gewährleistung des spannungsfreien Zustands an der Arbeitsstelle auch hinsichtlich Beeinflussungsspannungen, atmosphärischen Überspannungen oder versehentlichem Zuschalten. Müssen die Erdungs- und Kurzschließmaßnahmen für die Dauer von Messungen oder Prüfungen aufgehoben werden, sind geeignete Sicherheitsmaßnahmen zu treffen [4]. Hier ist der Anlagenbetreiber gefordert, über die geeignete Maßnahme zu entscheiden, diese umzusetzen, deren Einhaltung zu überwachen und zu dokumentieren. So hat beispielsweise ein französischer Schaltanlagenbetreiber eine spezielle Vorrichtung im Einsatz, die spannungssensorgesteuert gegebenenfalls die zweite Erdverbindung automatisch einlegt [5].
Bisherige Schaltzeitmessmethoden
Eine mögliche Messmethode stellt die dynamische Widerstandsmessung DRM dar. Bei dieser Methode, die hauptsächlich zur Beurteilung des Abbrandkontaktsystems von SF6-Schaltern Anwendung findet, wird eine Gleichstromquelle (Batterie) an die Unterbrechereinheit angeschlossen. Während des Schaltvorgangs werden dann der Stromverlauf durch sowie der daraus resultierende Spannungsabfall über diese gemessen. Der Widerstand wird dabei für jede Abtastung berechnet und als Verlauf über die Zeit dargestellt.
Wird die Messung nun bei beidseitiger Erdung durchführt, stellt sich bei Kontakttrennung kein unendlicher, sondern ein erhöhter Widerstand in Höhe des Widerstands über den Erdungsweg ein (Bild 1). Hier liegt dann auch die Grenze dieses Verfahrens. Der Widerstand über Erde muss ein Vielfaches des Kontaktwiderstands ausmachen. Ist der parallele Widerstand über Erde zu klein, kann sich der Widerstandsverlauf des Kontaktsystems nicht abgrenzen und ist somit nicht zur Auswertung darstellbar. Dies ist zum Beispiel bei gasisolierten Hochspannungsschaltern GIS der Fall.
Neben den systembedingten Grenzen kommen bei diesem Verfahren auch praktische Nachteile zum Tragen. So müssen die ermittelten Widerstandsverläufe in den meisten Fällen manuell ausgewertet werden. Hier stellt die Bewertung von Kontaktprellern bei Einschaltvorgängen eine besondere Schwierigkeit dar. Zudem ist der Prüfaufbau aufwendiger. Pro Unterbrechereinheit werden statt einem digitalen Zeitmesskanal zwei analoge Messkanäle sowie je eine geeignete Gleichstromquelle benötigt. Der Verdrahtungsaufwand verdoppelt sich und die Stromzufuhrleitungen müssen ausreichenden Querschnitt aufweisen. Erst durch neue patentierte DRM-Gerätschaften auf Ultrakondensatorbasis, zum Beispiel die Super Caps von Megger [6], sind synchrone mehrkanalige DRM-Messungen mit Hochstrom praktikabel.
Bild 1. DRM-Methode: Beispielhafte Darstellung der Widerstandsverläufe bei einem Ausschaltvorgang
Ein weiteres Verfahren umgeht zumindest den Sicherheitsaspekt der Erdung, indem keine Messungen an Primärkreisen vorgenommen werden. Hierbei wird zur Interpretation von Kontaktgabe bzw. -trennung der sekundärseitige Wandlerstrom gemessen. Dieses Verfahren, auch als „On- Line-Messung“ bekannt, bietet in erster Linie eine Möglichkeit, den Einfluss langer Stillstände („erstes Aus“) im eingeschalteten Zustand zu bewerten. Auch hier müssen Messkurven interpretiert werden, die zudem von der aktuell geschalteten Last abhängen.
Die DCM-Methode
Dieses patentierte Verfahren nutzt einen völlig anderen Ansatz, in dem das Hauptkontaktsystem des Schalters als Kondensator betrachtet wird, der seine Kapazität während eines Schaltvorgangs ändert. Festkontakt und beweglicher Kontakt sind die beiden leitenden Flächen, die durch ein Dielektrikum, nämlich dem Löschmittel (Luft, Öl, Vakuum oder SF6), getrennt sind. Daher rührt auch die Bezeichnung DCM (Dynamic Capacitance Measurement, dynamische Kapazitätsmessung). Die Kapazität des Leistungsschalters bildet mit der Prüfleitungsimpedanz einen Schwingkreis, dessen Resonanzfrequenz sich mit der Kontaktbewegung ändert.
Nach Anschluss dieses Messsystems wird zunächst die Resonanzfrequenz bei geschlossenem Leistungsschalter ermittelt. Für die Schaltzeitmessung wird das Prüfsignal anschließend mit der zuvor ermittelten Resonanzfrequenz eingespeist. Bild 2 stellt das Prinzipschaltbild des Messaufbaus dar. Während der Schaltvorgänge entsteht dann Resonanz für die Kontaktgabe. Öffnet das Kontaktsystem, ändert sich durch dessen Kapazität sofort die Resonanzbedingung und der Kreis fällt aus der Resonanz. Der Übergang von Vorhandensein von Resonanz zu Nichtvorhandensein bei Kontakttrennung oder umgekehrt bei Kontaktgabe ist scharf. Somit kann dieses Ereignis zur Ermittlung der Schaltzeit und zur Analyse von Kontaktprellern, wie bei einer konventionellen Messmethode verwendet werden.
Bild 2. Prinzipschaltbild des DCM-Messaufbaus
Technische Realisierung und Durchführung der Messung
Die DCM-Methode wurde in einen bestehenden Leistungsschalteranalysator implementiert. Hierbei erwies sich der modulare Systemaufbau als hilfreich, um eine neue Technologie für weltweit im Einsatz befindliche Prüfgeräte nachrüstbar zu gestalten. Das bestehende System ist durch unterschiedliche Bestückung mit aufgabenbezogenen Modulen, wie Schaltzeitmessung, Spulenansteuerung sowie digitale oder analoge Messwertumformer, individuell konfigurierbar. Somit wurde die für die DCM-Methode erforderliche Messtechnik ebenfalls in einem Modul realisiert, das mit dem Zeitmessmodul für die bisherige konventionelle Schaltzeitmessung kommuniziert. Das sichert zudem die Kompatibilität zu bisherigen Schaltzeitmessungen. Wie bei der konventionellen Schaltzeitmessung werden die zu untersuchenden Unterbrechereinheiten über Prüfleitungen an den Schalteranalysator angeschlossen (Bild 3).
Bild 3. Bei der DCM-Methode werden die zu untersuchenden Unterbrechereinheiten wie die konventionelle Schaltzeitmessung über Prüfleitungen an den Schalteranalysator angeschlossen
Im nächsten Schritt wird die Resonanzfrequenz bei eingeschaltetem Leistungsschalter durch einfaches Betätigen des Abstimmtasters (Tune- Taste am DCM-Modul) bestimmt und für die nachfolgenden Messungen gespeichert. Anschließend werden die Schaltzeitmessungen (Ein, Aus, Ein- Aus usw.) wie gewohnt durchgeführt.
Bild 4 verdeutlicht die Kompatibilität von konventioneller und DCMSchaltzeitmessung am Beispiel eines Ausschalt- und eines Einschaltvorgangs.
Bild 4. Die Grafik verdeutlicht die Kompatibilität von konventioneller und DCMSchaltzeitmessung am Beispiel eines Ausschalt- und eines Einschaltvorgangs
Anwendung der Methode in GIS-Anlagen
Der grundsätzliche Ansatz zur Entwicklung der DCM-Methode war es, die Sicherheit beim Prüfen besonders von Hochspannungs-Leistungsschaltern in Freiluftanlagen zu erhöhen. Auch beim Prüfen von Schaltern in gasisolierter Bauweise ergeben sich durch DCM Vorteile. Konventionell ist die Schaltzeitmessung nur möglich, wenn die Anlage mit isolierten Erden ausgerüstet ist, da ein Zugangspunkt außerhalb des Gasraums benötigt wird. Der Erdungsschalter wird in diesen Fällen eingelegt, aber die Erdverbindung zum Messen außerhalb des Gasraums muss mechanisch aufgetrennt werden (Bild 5).
Bild 5. Konventionelle Art der Schaltzeitmessung: Die Anlage muss mit isolierten Erden ausgerüstet sein, da ein Zugangspunkt außerhalb des Gasraums benötigt wird. Der Erdungsschalter wird in diesen Fällen eingelegt, aber die Erdverbindung zum Messen außerhalb des Gasraums muss mechanisch aufgetrennt werden
In Verbindung mit den unterschiedlichen typen- und versionsabhängigen konstruktiven Eigenschaften ergeben sich hier vom Sicherheitsaspekt her unter Umständen signifikante Unwägbarkeiten. Die Einsatzmöglichkeit der DCM-Methode wäre hier wünschenswert. Allerdings muss dabei berücksichtigt werden, dass sich die Erdungsverhältnisse in gasisolierten Anlagen anders als in der Freiluft darstellen. In beiden Fällen ist der zu messenden Schaltkammer die Erdimpedanz parallel geschaltet. In Freiluftbauweise ist die Erdimpedanz schon allein über die Ausdehnung der Erdschleife um ein Vielfaches höher bei der Messschleife über den Hauptkontakt (Bild 6).
Bild 6. In Freiluftbauweise ist die Erdimpedanz schon allein über die Ausdehnung der Erdschleife um ein Vielfaches höher als bei der Messschleife über den Hauptkontakt
Damit hat die Erdimpedanz so gut wie keinen Einfluss auf den Schwingkreis. In gasisolierter Bauweise schließt hier eine sehr kleine und somit niederohmige Erdschleife den Schwingkreis (Messschleife über den Hauptkontakt) praktisch kurz (Bild 7).
Bild 7. In gasisolierter Bauweise schließt eine sehr kleine und somit niederohmige Erdschleife den Schwingkreis (Messschleife über den Hauptkontakt) praktisch kurz
Ohne weitere Maßnahmen würde hier DCM, wie auch schon DRM, nicht funktionieren. Abhilfe schafft die Verwendung von Ferriten, mit denen die Erdimpedanz für das hochfrequente Messsignal erhöht wird [7]. Die Ferrite werden an der Stelle angebracht bzw. übergestülpt, an der bei konventioneller Messung aufgetrennt werden müsste. Die Bauformen der verwendeten Ferrite sind unterschiedlich (Bild 8) und damit passend für verschiedene Anwendungen bzw. die Anbringung der Ferrite an einer GISAnlage (Bild 9).
Bild 8. Mit Ferriten wird die Erdimpedanz für das hochfrequente Messsignal erhöht
Bild 9. Anbringung der Ferrite an einer GIS-Anlage
Fazit
Durch die DCMMethode wird die Notwendigkeit, die beidseitige Erdung für Schaltzeitmessungen aufzuheben, verringert. Zudem ist sie hinsichtlich Ausführung und Auswertung einfacher handhabbar als bisherige Methoden, zum Beispiel DRM. Der Aufwand in der messtechnischen Anwendung ist im Wesentlichen dem der konventionellen Messung gleichzusetzen. Der organisatorische Arbeitsablauf sollte aufgrund des Wegfalls des Enterdens geringer sein. Bei der Anwendung in gasisolierten Schaltanlagen (GIS) wird zwar, wie bei der konventionellen Schaltzeitmessung, ein isolierter Erder benötigt, jedoch entfällt das Auftrennen von verschraubten Verbindungen.
Literatur
[1] DIN EN 62271-100 (VDE 0671-100): 2009-12 Hochspannungs-Schaltgeräte und -Schaltanlagen, Teil 100: Wechselstrom- Leistungsschalter. Berlin · Offenbach: VDE VERLAG
[2] DIN VDE 0105-100:2009-10 Betrieb von elektrischen Anlagen, Teil 100: Allgemeine Festlegungen. Berlin · Offenbach: VDE VERLAG
[3] DIN EN 50110-1 (VDE 0105-1):2005-06 Betrieb von elektrischen Anlagen. Berlin · Offenbach: VDE VERLAG
[4] Doppelbauer, M. (Hrsg.): Drehende elektrische Maschinen. VDE-Schriftenreihe 10. Berlin · Offenbach: VDE VERLAG
[5] Claesson, L.; Douib, R.: Matpost: Technology And Methods For Personnel Safety In Diagnostic Circuit Breaker Test. (http:// www.matpost.org/matpost2007/docs/ Matpost07_0003_paper.pdf)
[6] Megger GmbH, Oberursel: www.megger.de
[7] User’s Manual: Ferrite kit, Accessory for timing of GIS circuit breakers using TM1800 with Dual-Ground. Megger Sweden AB
Beidseitige Erdung
Die Definition, einen Leistungsschalter zu Prüfzwecken in der Schaltanlage beidseitig zu erden, findet sich in der DIN VDE 0105-100 [2] bzw. DIN EN 50110-1 (VDE 0105-1) [3]. Grundsätzlich sollen alle Teile einer Hochspannungsanlage, an denen gearbeitet wird, geerdet werden. Besteht durch Unterbrechen oder Verbinden von leitenden Teilen die Gefahr von Potentialunterschieden, so muss an der Arbeitsstelle zusätzlich eine Überbrückung oder Erdung erfolgen. Kernpunkt dieser Maßnahmen ist die Gewährleistung des spannungsfreien Zustands an der Arbeitsstelle auch hinsichtlich Beeinflussungsspannungen, atmosphärischen Überspannungen oder versehentlichem Zuschalten. Müssen die Erdungs- und Kurzschließmaßnahmen für die Dauer von Messungen oder Prüfungen aufgehoben werden, sind geeignete Sicherheitsmaßnahmen zu treffen [4]. Hier ist der Anlagenbetreiber gefordert, über die geeignete Maßnahme zu entscheiden, diese umzusetzen, deren Einhaltung zu überwachen und zu dokumentieren. So hat beispielsweise ein französischer Schaltanlagenbetreiber eine spezielle Vorrichtung im Einsatz, die spannungssensorgesteuert gegebenenfalls die zweite Erdverbindung automatisch einlegt [5].
Bisherige Schaltzeitmessmethoden
Eine mögliche Messmethode stellt die dynamische Widerstandsmessung DRM dar. Bei dieser Methode, die hauptsächlich zur Beurteilung des Abbrandkontaktsystems von SF6-Schaltern Anwendung findet, wird eine Gleichstromquelle (Batterie) an die Unterbrechereinheit angeschlossen. Während des Schaltvorgangs werden dann der Stromverlauf durch sowie der daraus resultierende Spannungsabfall über diese gemessen. Der Widerstand wird dabei für jede Abtastung berechnet und als Verlauf über die Zeit dargestellt.
Wird die Messung nun bei beidseitiger Erdung durchführt, stellt sich bei Kontakttrennung kein unendlicher, sondern ein erhöhter Widerstand in Höhe des Widerstands über den Erdungsweg ein (Bild 1). Hier liegt dann auch die Grenze dieses Verfahrens. Der Widerstand über Erde muss ein Vielfaches des Kontaktwiderstands ausmachen. Ist der parallele Widerstand über Erde zu klein, kann sich der Widerstandsverlauf des Kontaktsystems nicht abgrenzen und ist somit nicht zur Auswertung darstellbar. Dies ist zum Beispiel bei gasisolierten Hochspannungsschaltern GIS der Fall.
Neben den systembedingten Grenzen kommen bei diesem Verfahren auch praktische Nachteile zum Tragen. So müssen die ermittelten Widerstandsverläufe in den meisten Fällen manuell ausgewertet werden. Hier stellt die Bewertung von Kontaktprellern bei Einschaltvorgängen eine besondere Schwierigkeit dar. Zudem ist der Prüfaufbau aufwendiger. Pro Unterbrechereinheit werden statt einem digitalen Zeitmesskanal zwei analoge Messkanäle sowie je eine geeignete Gleichstromquelle benötigt. Der Verdrahtungsaufwand verdoppelt sich und die Stromzufuhrleitungen müssen ausreichenden Querschnitt aufweisen. Erst durch neue patentierte DRM-Gerätschaften auf Ultrakondensatorbasis, zum Beispiel die Super Caps von Megger [6], sind synchrone mehrkanalige DRM-Messungen mit Hochstrom praktikabel.

Ein weiteres Verfahren umgeht zumindest den Sicherheitsaspekt der Erdung, indem keine Messungen an Primärkreisen vorgenommen werden. Hierbei wird zur Interpretation von Kontaktgabe bzw. -trennung der sekundärseitige Wandlerstrom gemessen. Dieses Verfahren, auch als „On- Line-Messung“ bekannt, bietet in erster Linie eine Möglichkeit, den Einfluss langer Stillstände („erstes Aus“) im eingeschalteten Zustand zu bewerten. Auch hier müssen Messkurven interpretiert werden, die zudem von der aktuell geschalteten Last abhängen.
Die DCM-Methode
Dieses patentierte Verfahren nutzt einen völlig anderen Ansatz, in dem das Hauptkontaktsystem des Schalters als Kondensator betrachtet wird, der seine Kapazität während eines Schaltvorgangs ändert. Festkontakt und beweglicher Kontakt sind die beiden leitenden Flächen, die durch ein Dielektrikum, nämlich dem Löschmittel (Luft, Öl, Vakuum oder SF6), getrennt sind. Daher rührt auch die Bezeichnung DCM (Dynamic Capacitance Measurement, dynamische Kapazitätsmessung). Die Kapazität des Leistungsschalters bildet mit der Prüfleitungsimpedanz einen Schwingkreis, dessen Resonanzfrequenz sich mit der Kontaktbewegung ändert.
Nach Anschluss dieses Messsystems wird zunächst die Resonanzfrequenz bei geschlossenem Leistungsschalter ermittelt. Für die Schaltzeitmessung wird das Prüfsignal anschließend mit der zuvor ermittelten Resonanzfrequenz eingespeist. Bild 2 stellt das Prinzipschaltbild des Messaufbaus dar. Während der Schaltvorgänge entsteht dann Resonanz für die Kontaktgabe. Öffnet das Kontaktsystem, ändert sich durch dessen Kapazität sofort die Resonanzbedingung und der Kreis fällt aus der Resonanz. Der Übergang von Vorhandensein von Resonanz zu Nichtvorhandensein bei Kontakttrennung oder umgekehrt bei Kontaktgabe ist scharf. Somit kann dieses Ereignis zur Ermittlung der Schaltzeit und zur Analyse von Kontaktprellern, wie bei einer konventionellen Messmethode verwendet werden.

Technische Realisierung und Durchführung der Messung
Die DCM-Methode wurde in einen bestehenden Leistungsschalteranalysator implementiert. Hierbei erwies sich der modulare Systemaufbau als hilfreich, um eine neue Technologie für weltweit im Einsatz befindliche Prüfgeräte nachrüstbar zu gestalten. Das bestehende System ist durch unterschiedliche Bestückung mit aufgabenbezogenen Modulen, wie Schaltzeitmessung, Spulenansteuerung sowie digitale oder analoge Messwertumformer, individuell konfigurierbar. Somit wurde die für die DCM-Methode erforderliche Messtechnik ebenfalls in einem Modul realisiert, das mit dem Zeitmessmodul für die bisherige konventionelle Schaltzeitmessung kommuniziert. Das sichert zudem die Kompatibilität zu bisherigen Schaltzeitmessungen. Wie bei der konventionellen Schaltzeitmessung werden die zu untersuchenden Unterbrechereinheiten über Prüfleitungen an den Schalteranalysator angeschlossen (Bild 3).

Im nächsten Schritt wird die Resonanzfrequenz bei eingeschaltetem Leistungsschalter durch einfaches Betätigen des Abstimmtasters (Tune- Taste am DCM-Modul) bestimmt und für die nachfolgenden Messungen gespeichert. Anschließend werden die Schaltzeitmessungen (Ein, Aus, Ein- Aus usw.) wie gewohnt durchgeführt.
Bild 4 verdeutlicht die Kompatibilität von konventioneller und DCMSchaltzeitmessung am Beispiel eines Ausschalt- und eines Einschaltvorgangs.

Anwendung der Methode in GIS-Anlagen
Der grundsätzliche Ansatz zur Entwicklung der DCM-Methode war es, die Sicherheit beim Prüfen besonders von Hochspannungs-Leistungsschaltern in Freiluftanlagen zu erhöhen. Auch beim Prüfen von Schaltern in gasisolierter Bauweise ergeben sich durch DCM Vorteile. Konventionell ist die Schaltzeitmessung nur möglich, wenn die Anlage mit isolierten Erden ausgerüstet ist, da ein Zugangspunkt außerhalb des Gasraums benötigt wird. Der Erdungsschalter wird in diesen Fällen eingelegt, aber die Erdverbindung zum Messen außerhalb des Gasraums muss mechanisch aufgetrennt werden (Bild 5).

In Verbindung mit den unterschiedlichen typen- und versionsabhängigen konstruktiven Eigenschaften ergeben sich hier vom Sicherheitsaspekt her unter Umständen signifikante Unwägbarkeiten. Die Einsatzmöglichkeit der DCM-Methode wäre hier wünschenswert. Allerdings muss dabei berücksichtigt werden, dass sich die Erdungsverhältnisse in gasisolierten Anlagen anders als in der Freiluft darstellen. In beiden Fällen ist der zu messenden Schaltkammer die Erdimpedanz parallel geschaltet. In Freiluftbauweise ist die Erdimpedanz schon allein über die Ausdehnung der Erdschleife um ein Vielfaches höher bei der Messschleife über den Hauptkontakt (Bild 6).

Damit hat die Erdimpedanz so gut wie keinen Einfluss auf den Schwingkreis. In gasisolierter Bauweise schließt hier eine sehr kleine und somit niederohmige Erdschleife den Schwingkreis (Messschleife über den Hauptkontakt) praktisch kurz (Bild 7).

Ohne weitere Maßnahmen würde hier DCM, wie auch schon DRM, nicht funktionieren. Abhilfe schafft die Verwendung von Ferriten, mit denen die Erdimpedanz für das hochfrequente Messsignal erhöht wird [7]. Die Ferrite werden an der Stelle angebracht bzw. übergestülpt, an der bei konventioneller Messung aufgetrennt werden müsste. Die Bauformen der verwendeten Ferrite sind unterschiedlich (Bild 8) und damit passend für verschiedene Anwendungen bzw. die Anbringung der Ferrite an einer GISAnlage (Bild 9).


Fazit
Durch die DCMMethode wird die Notwendigkeit, die beidseitige Erdung für Schaltzeitmessungen aufzuheben, verringert. Zudem ist sie hinsichtlich Ausführung und Auswertung einfacher handhabbar als bisherige Methoden, zum Beispiel DRM. Der Aufwand in der messtechnischen Anwendung ist im Wesentlichen dem der konventionellen Messung gleichzusetzen. Der organisatorische Arbeitsablauf sollte aufgrund des Wegfalls des Enterdens geringer sein. Bei der Anwendung in gasisolierten Schaltanlagen (GIS) wird zwar, wie bei der konventionellen Schaltzeitmessung, ein isolierter Erder benötigt, jedoch entfällt das Auftrennen von verschraubten Verbindungen.
Literatur
[1] DIN EN 62271-100 (VDE 0671-100): 2009-12 Hochspannungs-Schaltgeräte und -Schaltanlagen, Teil 100: Wechselstrom- Leistungsschalter. Berlin · Offenbach: VDE VERLAG
[2] DIN VDE 0105-100:2009-10 Betrieb von elektrischen Anlagen, Teil 100: Allgemeine Festlegungen. Berlin · Offenbach: VDE VERLAG
[3] DIN EN 50110-1 (VDE 0105-1):2005-06 Betrieb von elektrischen Anlagen. Berlin · Offenbach: VDE VERLAG
[4] Doppelbauer, M. (Hrsg.): Drehende elektrische Maschinen. VDE-Schriftenreihe 10. Berlin · Offenbach: VDE VERLAG
[5] Claesson, L.; Douib, R.: Matpost: Technology And Methods For Personnel Safety In Diagnostic Circuit Breaker Test. (http:// www.matpost.org/matpost2007/docs/ Matpost07_0003_paper.pdf)
[6] Megger GmbH, Oberursel: www.megger.de
[7] User’s Manual: Ferrite kit, Accessory for timing of GIS circuit breakers using TM1800 with Dual-Ground. Megger Sweden AB