Veröffentlicht:
13. Juni 2012
Kategorie:
Fachartikel
AVOMETER hieß das erste Multimeter (Bild 1: Megger _Multimeter1 Modell). Es war das erste tragbare, multifunktionale Messgerät in der Geschichte der Elektroindustrie. Die Idee dazu hatte der damalige Leiter der „General Post Office Telephone“ in London: Donald Macaide. Er wollte ein Voltmeter, ein Amperemeter und ein Ohmmeter in einem Gehäuse kombinieren.

Aus gutem Grund: Vor 1923 musste man noch drei riesige Geräte sowie Shunts, Vorwiderstände und Batterien mitführen, wenn man Spannungen, Ströme und Widerstände messen wollte. Herr Macadie hatte in seiner Funktion als Leiter der „General Post Office Telephone“ in London ein großes Problem damit. Denn in den frühen Zwanzigerjahren wurden Telefoneinrichtungen noch per Pferdefuhrwerk zum Hersteller transportiert – und zwar auch dann, wenn nur der Service oder eine kleinere Reparatur erforderlich war.
Das war langsam und umständlich! Wäre es nicht besser, wenn man diesen Service gleich vor Ort erledigen könnte? Herr Macadie erkannte, dass man viel Zeit - und Geld - einsparen könnte, wenn man die Telefon-Einrichtungen einfach vor Ort instand halten könnte. Aber dieser Weg war damals genauso umständlich – alle Instrumente wogen zusammen in etwa genauso viel wie eine Telefonanlage.
Macadie suchte eine bessere Lösung. Er wollte ein Instrument, das die Funktionen eines Voltmeters, eines Amperemeters und eines Ohmmeters in sich vereint. Kurzerhand erfand er das weltweit erste Multimeter. Und weil es Ampere, Volt und Ohm messen konnte, nannte Macadie seine Erfindung AVOMETER. Die Rechte am Markennamen AVO befinden sich heute bei Megger. Er bot seine Erfindung seinem Arbeitgeber GPO an. Man höre und staune: Der war nicht interessiert! Immerhin erhielt Macadie aber die Genehmigung von seinem Arbeitgeber, das Multimeter privat produzieren zu lassen.
Am 23. Mai 1923 wurde die „Automatic Coil Winder and Electrical Equipment Company“ (ACWEECO, Unternehmen für die Herstellung automatischer Spulenwickelmaschinen und elektrischer Einrichtungen) gegründet. Diese Firma baute nicht nur das neue Multimeter sondern gleich auch eine weitere Erfindung Macadies: eine automatische Spulenwickeleinrichtung.
Die ersten AVOMETER
Macadie hat die Spezifikation für das AVOMETER am 22. Mai 1922 beim Britischen Patentamt eingebracht. Das Patent wurde am 26. Juli 1923 mit der Patentnummer 200977, „Improvements in or relating to Electrical Measuring Instruments” erteilt. Man kann davon ausgehen, dass die Produktion der ersten Multimeter kurz danach aufgenommen wurde. Bild 1 zeigt das erste Modell.
Seine Konstruktion war so ausgereift, dass viele Eigenschaften dieses Multimeters 85 Jahre (!) kaum verändert wurden! Das gilt vorallem für die nierenförmige Skala die das Markenzeichen war und blieb. Auch der messerförmige Zeiger sowie der Spiegel hinter dem Zeiger, mit dem Parallaxenfehler zuverlässig verhindert wurden, waren unverwechselbar. Dieses Multimeter hatte auch schon die beiden Drehschalter, die auch auf allen Folgemodellen vorhanden waren. Bei diesem frühen Modell wurde jedoch nur ein Drehschalter zur Bereichswahl verwendet. Mit dem anderen Schalter wurde ein Drehwiderstand betätigt, mit dem man entsprechend den Anweisungen, den Strom im Messkreis bestimmen konnte. Das war besonders nützlich, wenn zum Beispiel der Anzugs- und Abfallstrom von elektromechanischen Relais bestimmt werden sollte, der damals häufig in Telefoneinrichtungen eingesetzt wurde.
Das Original-AVOMETER war nur für Gleichspannung konstruiert. Dieses Multimeter wurde von ACWEECO für Strommessungen von 1 mA bis 12 A, für Spannungen von 0,1 V bis 600 V und für Widerstände von 0 Ω bis 10.000 Ω und „unendlich” spezifiziert! Das Messwerk bestand aus einem Drehspulinstrument mit Edelsteinlagerung und aperiodischer Dämpfung. Die Empfindlichkeit des Multimeters in den Spannungsbereichen betrug 83 Ω/V – was nach heutigem Stand der Technik eher niedrig ist, für 1923 war das aber ein richtig guter Wert. Das Original-AVOMETER wurde damals für £ 12, 60 verkauft, was heute in etwa 2.300 Euro entspricht.
In den Zwanzigerjahren und bis in die frühen Dreißigerjahre setzte ACWEECO die Produktion neuer Multimeter-Modelle fort. Die Meisten wiesen nur geringfügige Verbesserungen auf. Eine signifikante Innovation war die Einführung der ÷2 Drucktaste im Jahr 1931. Diese Taste, die bei einigen AVOMETER-Modellen fast ein halbes Jahrhundert lang beibehalten wurde, verdoppelt den Zeigerausschlag für den Strom- oder Spannungswert am Eingang. Damit konnte das Multimeter nun auch kleine Werte für Strom und Spannung leicht und sehr genau abgelesen werden.
Die universellen AVOMETER
Die ersten Multimeter hatten eine wesentliche Einschränkung: Sie konnten noch keine AC-Spannungen und AC-Ströme messen. Deshalb brachte ACWEECO 1933 das erste Universal-AVOMETER auf den Markt. Einem Multimeter neue Eigenschaften hinzuzufügen erscheint heute einfach, aber mit den technologischen Mitteln der Dreißigerjahre war dem nicht so. Drehspulmesswerke, wie sie im ersten AVOMETER verwendet wurden, arbeiteten nur mit Gleichstrom. Um ein Multimeter mit AC-Messmöglichkeiten auszustatten war es daher notwendig, einen Gleichrichter einzubauen. Stand der Technik war damals der Kupferoxid-Brückengleichrichter. Wie andere Festkörper-Gleichrichter waren diese nicht unbedingt perfekt, weil Ströme auch in Sperrrichtung fließen können. Dadurch war die Strom-Spannungs-Charakteristik bei kleinen Strömen und Spannungen nicht linear.
Wenn man aber nichts unternimmt, um diese Faktoren zu kompensieren, muss der Skalenverlauf für genaue AC-Messungen von Bereich zu Bereich angepasst werden. Im niedrigen Bereichen ist die Skala des Multimeters stark nichtlinear. Das ist unerwünscht. Zum Glück wurde eine besser Lösung gefunden, welche 1934 zum Britischen Patent Nr. 404015 angemeldet wurde – von Hugh Macadie, dem Sohn des Erfinders.
Dieses Patent beschreibt nun die Verwendung eines „angezapften“ Transformators für die Wechselstrom-Bereiche im Multimeter. Der Transformator wurde so dimensioniert, dass der Strom zum Gleichrichter für einen bestimmten Instrumentenausschlag - unabhängig vom aktuell benutzten Bereich - immer der gleiche ist. Wenn man zum Beispiel 60 V im 120 V Bereich misst, erhält der Gleichrichter den gleichen Strom wie bei 6 V im 12 V Bereich. Damit wurde es möglich, die gleiche AC-Skala für alle Bereiche zu verwenden. Bei sorgfältiger Konstruktion konnte man jetzt am Multimetr nahezu identische Skalen für AC und DC verwenden.
Dieser Ansatz erlaubte es ACWEECO Universal-AVOMETER mit folgenden Bereichen herzustellen:
Das Universal-AVOMETER Modell 7
Das Modell 7 (Bild 2 Megger_Multimeter_7_Modell) war ein großer Schritt vorwärts in Richtung Leistungsfähigkeit von Multimetern, nicht zuletzt auch bezüglich der Empfindlichkeit. Frühere Multimeter hatten typische Empfindlichkeiten von entweder 83 Ω/V oder 167 Ω/V in den DC-Bereichen, aber die Empfindlichkeit des Modell 7 war bereits 500 Ω/V im Normalbereich und erhöhte sich auf 1.000 Ω/V an, wenn die ÷2-Taste gedrückt wurde. 1936 waren diese Werte erstaunlich für ein Multimeter. Es war sehr robust, weil es für den alltäglichen Einsatz im Feld konstruiert wurde.
Zusätzlich wurde eine patentierte Abschalteinrichtung gegen Überlastung eingebaut. Vor dem Modell 7 waren AVOMETER mit einer austauschbaren Sicherung gegen Überlastung geschützt. Dies war weder besonders effektiv noch besonders komfortabel. ACWEECO wollte das verbessern. Das Ergebnis war die automatische Abschalteinrichtung. Es handelt sich dabei um eine elektromechanische Einrichtung, die auf außergewöhnlich schnelle Beschleunigungen des Messwerks unter Überlastbedingungen reagiert. ACWEECO Anspruch war, dass es möglich war, abzuschalten, bevor der Zeiger ein Drittel der Skala überstrichen hat.
Auch Dezimalbereiche wurden beim Multimeter Modell 7 eingeführt. Die Messbereiche früherer AVOMETER basierten auf Vielfachen von 12 – zum Beispiel 12 V, 120 V etc., während die Bereiche von Modell 7 auf Vielfache von 10 waren – zum Beispiel 10 V, 100 V etc. Mit nicht weniger als 46 Bereichen rechtfertigt Modell 7 den Anspruch universell zu sein. Dieses Multimeter wurde bis weit in die 1900-Achtzigerjahre produziert. Parallel dazu kamen weitere Multimeter zur AVOMETERProduktfamilie hinzu. Einige davon, wie z.B. das Modell D, welches für den militärischen Einsatz im zweiten Weltkrieg produziert wurde, waren nur relativ kurze Zeit in Produktion. Dagegen blieben andere Multimeter, wie das Modell 40, eine sehr robuste Version des Modell 7 mit geringer Empfindlichkeit für Energietechniker, jahrzehntelang im Programm. Das Modell 8 war jedoch ab 1951 das wichtigste neue Mitglied der AVOMETER Produktfamilie.
Das AVOMETER Modell 8 Mk 1
Das Multimeter Modell 8 (Bild: Megger_Multimeter 8MK1)wurde speziell für die immer populärer werden den Fernsehgeräten entwickelt. Für diese benötigte man deutlich empfindlichere Messbereiche. (Bild: Megger_Multimeter8MK) zeigt eine frühe Werbeanzeige für dieses neue Instrument. Es wurde bald zum populärtsen Messgerät in England und damit auch im gesamten Commonwealth.
Wie man dieser Anzeige entnehmen kann, hatte dieses Multimeter eine Empfindlichkeit von 20.000 Ω/V in den DC-Bereichen – ein wesentlicher Vorteil gegenüber den 1.000 Ω/V bei Modell 7. Es maß sowohl AC- als auch DC-Ströme und konnte Widerstände bis zu 20 MΩ erfassen. Mit externem Zubehör konnte der DC-Spannungsbereich erstmals sogar bis zu 10 kV erweitert werden! Dies war sinnvoll, um die Hochspannungsversorgung von Kathodenstrahlröhren zu prüfen, die für damalige Fernsehgeräte häufig eingesetzt wurden.
Modell 8 hatte keine ÷2-Taste mehr – sondern eine Taste, die mit „REV MC“ beschriftet war. Mit dieser wurde die Polarität des Instruments umkehrt, ohne die Prüfleitungen umstecken zu müssen. Diese Eigenschaft zielte ganz klar auf Anwender am Elektroniksektor ab, die Spannungen maßen, die sowohl positiv als auch negativ in Bezug auf einen bestimmten Referenzpunkt sein können, wie zum Beispiel die Masse oder das Gehäuse.
AVOMETER Modell 8 Mk 5
In den 21 Jahren nach Einführung des revolutionären Multimeter Model 8 Mk 1 wurden die Modelle Mk 2, 3 und 4 auf den Markt gebracht. Diese sollte man eher als evolutionär bezeichnen. Ein Revolution gelang dagegen wieder dem Modell 8 Mk 5, (Bild: Megger_Multimeter8MK 1+5) welches am 31. Oktober 1972 herauskam. Es war sowohl innen als auch außen komplett neu konstruiert. Bilder. Dieses Multimetr hatte ein komplett neues Messwerk, es war komplett neue verdrahtet, es hatte neue Shunts und es hatte verbesserte Bedienelemente.
Das zentrale Messwerk war erstmals inhärent selbstschirmend, es hatte ein verbessertes Drehmoment/Gewichts-Verhältnis und war wesentlich robuster als sein Vorgänger. Die Schutzabschaltung bot einen deutlich besseren Schutz gegen Fehlbedienung. Die Konstruktion des neuen Multimeters basierte auf neuen Unterbaugruppen, die Montage und Service erleichterten. Diese Baugruppen wurden flexibel miteinander verbunden. Eine weitere Innovation war die Anwendung von Shunts in Form von gedruckten Widerständen in Verbindung mit Kühlelementen. 1980 kam das Multimeter 8 Modell Mk 6 heraus. Es hatte eine neue Anordnung der Bereichsschalter. Modell 8 Mk 7 war das letzte AVOMETER dieser Reihe. Dieses Multimeter wurde 1988 in den Markt eingeführt.
Das Ende der AVOMETER
Modell 8 Mk 7 war bis Oktober 2008 in Produktion.(Bild: AVO_Modell_8MK7) Selbst in den letzten Fertigungsmonaten war der Auftragseingang gleichmäßig hoch. Als die endgültige Einstellung der Produktion angekündigt wurde, trafen derart viele Bestellungen ein, dass nicht alle erfüllt werden konnten. Der Grund für die Einstellung der AVOMETER-Produktion waren Engpässe in der Ersatzteilproduktion. Es gab aber noch ein anderes Problem – viele Mitarbeiter in der AVOMETER-Fertigung näherten sich der Pensionierung und es war einfach unmöglich, Feinmechaniker mit der notwendigen Erfahrung mit analogen Multimetern zu finden. Megger musste daher widerstrebend die Entscheidung treffen, keine analogen AVOMETER mehr herzustellen.
Doch nicht das Ende der AVOMETER
Obwohl AVOMETER Modell 8 Mk 7 das letzte analoge Multimeter bei Megger war, bedeutet das nicht das Ende für die AVO-Produktlinie. Megger führt heute diese große Tradition mit seinen modernen, digitalen Multimetern AVO410 weiter (Bild: Megger_Multimeter_AVO410)
Das war langsam und umständlich! Wäre es nicht besser, wenn man diesen Service gleich vor Ort erledigen könnte? Herr Macadie erkannte, dass man viel Zeit - und Geld - einsparen könnte, wenn man die Telefon-Einrichtungen einfach vor Ort instand halten könnte. Aber dieser Weg war damals genauso umständlich – alle Instrumente wogen zusammen in etwa genauso viel wie eine Telefonanlage.
Macadie suchte eine bessere Lösung. Er wollte ein Instrument, das die Funktionen eines Voltmeters, eines Amperemeters und eines Ohmmeters in sich vereint. Kurzerhand erfand er das weltweit erste Multimeter. Und weil es Ampere, Volt und Ohm messen konnte, nannte Macadie seine Erfindung AVOMETER. Die Rechte am Markennamen AVO befinden sich heute bei Megger. Er bot seine Erfindung seinem Arbeitgeber GPO an. Man höre und staune: Der war nicht interessiert! Immerhin erhielt Macadie aber die Genehmigung von seinem Arbeitgeber, das Multimeter privat produzieren zu lassen.
Am 23. Mai 1923 wurde die „Automatic Coil Winder and Electrical Equipment Company“ (ACWEECO, Unternehmen für die Herstellung automatischer Spulenwickelmaschinen und elektrischer Einrichtungen) gegründet. Diese Firma baute nicht nur das neue Multimeter sondern gleich auch eine weitere Erfindung Macadies: eine automatische Spulenwickeleinrichtung.
Die ersten AVOMETER
Macadie hat die Spezifikation für das AVOMETER am 22. Mai 1922 beim Britischen Patentamt eingebracht. Das Patent wurde am 26. Juli 1923 mit der Patentnummer 200977, „Improvements in or relating to Electrical Measuring Instruments” erteilt. Man kann davon ausgehen, dass die Produktion der ersten Multimeter kurz danach aufgenommen wurde. Bild 1 zeigt das erste Modell.
Seine Konstruktion war so ausgereift, dass viele Eigenschaften dieses Multimeters 85 Jahre (!) kaum verändert wurden! Das gilt vorallem für die nierenförmige Skala die das Markenzeichen war und blieb. Auch der messerförmige Zeiger sowie der Spiegel hinter dem Zeiger, mit dem Parallaxenfehler zuverlässig verhindert wurden, waren unverwechselbar. Dieses Multimeter hatte auch schon die beiden Drehschalter, die auch auf allen Folgemodellen vorhanden waren. Bei diesem frühen Modell wurde jedoch nur ein Drehschalter zur Bereichswahl verwendet. Mit dem anderen Schalter wurde ein Drehwiderstand betätigt, mit dem man entsprechend den Anweisungen, den Strom im Messkreis bestimmen konnte. Das war besonders nützlich, wenn zum Beispiel der Anzugs- und Abfallstrom von elektromechanischen Relais bestimmt werden sollte, der damals häufig in Telefoneinrichtungen eingesetzt wurde.
Das Original-AVOMETER war nur für Gleichspannung konstruiert. Dieses Multimeter wurde von ACWEECO für Strommessungen von 1 mA bis 12 A, für Spannungen von 0,1 V bis 600 V und für Widerstände von 0 Ω bis 10.000 Ω und „unendlich” spezifiziert! Das Messwerk bestand aus einem Drehspulinstrument mit Edelsteinlagerung und aperiodischer Dämpfung. Die Empfindlichkeit des Multimeters in den Spannungsbereichen betrug 83 Ω/V – was nach heutigem Stand der Technik eher niedrig ist, für 1923 war das aber ein richtig guter Wert. Das Original-AVOMETER wurde damals für £ 12, 60 verkauft, was heute in etwa 2.300 Euro entspricht.
In den Zwanzigerjahren und bis in die frühen Dreißigerjahre setzte ACWEECO die Produktion neuer Multimeter-Modelle fort. Die Meisten wiesen nur geringfügige Verbesserungen auf. Eine signifikante Innovation war die Einführung der ÷2 Drucktaste im Jahr 1931. Diese Taste, die bei einigen AVOMETER-Modellen fast ein halbes Jahrhundert lang beibehalten wurde, verdoppelt den Zeigerausschlag für den Strom- oder Spannungswert am Eingang. Damit konnte das Multimeter nun auch kleine Werte für Strom und Spannung leicht und sehr genau abgelesen werden.
Die universellen AVOMETER
Die ersten Multimeter hatten eine wesentliche Einschränkung: Sie konnten noch keine AC-Spannungen und AC-Ströme messen. Deshalb brachte ACWEECO 1933 das erste Universal-AVOMETER auf den Markt. Einem Multimeter neue Eigenschaften hinzuzufügen erscheint heute einfach, aber mit den technologischen Mitteln der Dreißigerjahre war dem nicht so. Drehspulmesswerke, wie sie im ersten AVOMETER verwendet wurden, arbeiteten nur mit Gleichstrom. Um ein Multimeter mit AC-Messmöglichkeiten auszustatten war es daher notwendig, einen Gleichrichter einzubauen. Stand der Technik war damals der Kupferoxid-Brückengleichrichter. Wie andere Festkörper-Gleichrichter waren diese nicht unbedingt perfekt, weil Ströme auch in Sperrrichtung fließen können. Dadurch war die Strom-Spannungs-Charakteristik bei kleinen Strömen und Spannungen nicht linear.
Wenn man aber nichts unternimmt, um diese Faktoren zu kompensieren, muss der Skalenverlauf für genaue AC-Messungen von Bereich zu Bereich angepasst werden. Im niedrigen Bereichen ist die Skala des Multimeters stark nichtlinear. Das ist unerwünscht. Zum Glück wurde eine besser Lösung gefunden, welche 1934 zum Britischen Patent Nr. 404015 angemeldet wurde – von Hugh Macadie, dem Sohn des Erfinders.
Dieses Patent beschreibt nun die Verwendung eines „angezapften“ Transformators für die Wechselstrom-Bereiche im Multimeter. Der Transformator wurde so dimensioniert, dass der Strom zum Gleichrichter für einen bestimmten Instrumentenausschlag - unabhängig vom aktuell benutzten Bereich - immer der gleiche ist. Wenn man zum Beispiel 60 V im 120 V Bereich misst, erhält der Gleichrichter den gleichen Strom wie bei 6 V im 12 V Bereich. Damit wurde es möglich, die gleiche AC-Skala für alle Bereiche zu verwenden. Bei sorgfältiger Konstruktion konnte man jetzt am Multimetr nahezu identische Skalen für AC und DC verwenden.
Dieser Ansatz erlaubte es ACWEECO Universal-AVOMETER mit folgenden Bereichen herzustellen:
- DC Strom: 12 mA, 120 mA, 1,2 A, 12 A
- AC Strom: 120 mA, 1,2 A, 12 A
- DC Spannung: 120 mV, 1,2 V, 12 V, 120 V, 1,200 V
- AC Spannung: 1,2 V, 12 V, 120 V, 1.200 V
- Widerstand: 1 kΩ, 10 kΩ, 100 kΩ, 1 MΩ
Das Universal-AVOMETER Modell 7
Das Modell 7 (Bild 2 Megger_Multimeter_7_Modell) war ein großer Schritt vorwärts in Richtung Leistungsfähigkeit von Multimetern, nicht zuletzt auch bezüglich der Empfindlichkeit. Frühere Multimeter hatten typische Empfindlichkeiten von entweder 83 Ω/V oder 167 Ω/V in den DC-Bereichen, aber die Empfindlichkeit des Modell 7 war bereits 500 Ω/V im Normalbereich und erhöhte sich auf 1.000 Ω/V an, wenn die ÷2-Taste gedrückt wurde. 1936 waren diese Werte erstaunlich für ein Multimeter. Es war sehr robust, weil es für den alltäglichen Einsatz im Feld konstruiert wurde.
Zusätzlich wurde eine patentierte Abschalteinrichtung gegen Überlastung eingebaut. Vor dem Modell 7 waren AVOMETER mit einer austauschbaren Sicherung gegen Überlastung geschützt. Dies war weder besonders effektiv noch besonders komfortabel. ACWEECO wollte das verbessern. Das Ergebnis war die automatische Abschalteinrichtung. Es handelt sich dabei um eine elektromechanische Einrichtung, die auf außergewöhnlich schnelle Beschleunigungen des Messwerks unter Überlastbedingungen reagiert. ACWEECO Anspruch war, dass es möglich war, abzuschalten, bevor der Zeiger ein Drittel der Skala überstrichen hat.
Auch Dezimalbereiche wurden beim Multimeter Modell 7 eingeführt. Die Messbereiche früherer AVOMETER basierten auf Vielfachen von 12 – zum Beispiel 12 V, 120 V etc., während die Bereiche von Modell 7 auf Vielfache von 10 waren – zum Beispiel 10 V, 100 V etc. Mit nicht weniger als 46 Bereichen rechtfertigt Modell 7 den Anspruch universell zu sein. Dieses Multimeter wurde bis weit in die 1900-Achtzigerjahre produziert. Parallel dazu kamen weitere Multimeter zur AVOMETERProduktfamilie hinzu. Einige davon, wie z.B. das Modell D, welches für den militärischen Einsatz im zweiten Weltkrieg produziert wurde, waren nur relativ kurze Zeit in Produktion. Dagegen blieben andere Multimeter, wie das Modell 40, eine sehr robuste Version des Modell 7 mit geringer Empfindlichkeit für Energietechniker, jahrzehntelang im Programm. Das Modell 8 war jedoch ab 1951 das wichtigste neue Mitglied der AVOMETER Produktfamilie.
Das AVOMETER Modell 8 Mk 1
Das Multimeter Modell 8 (Bild: Megger_Multimeter 8MK1)wurde speziell für die immer populärer werden den Fernsehgeräten entwickelt. Für diese benötigte man deutlich empfindlichere Messbereiche. (Bild: Megger_Multimeter8MK) zeigt eine frühe Werbeanzeige für dieses neue Instrument. Es wurde bald zum populärtsen Messgerät in England und damit auch im gesamten Commonwealth.
Wie man dieser Anzeige entnehmen kann, hatte dieses Multimeter eine Empfindlichkeit von 20.000 Ω/V in den DC-Bereichen – ein wesentlicher Vorteil gegenüber den 1.000 Ω/V bei Modell 7. Es maß sowohl AC- als auch DC-Ströme und konnte Widerstände bis zu 20 MΩ erfassen. Mit externem Zubehör konnte der DC-Spannungsbereich erstmals sogar bis zu 10 kV erweitert werden! Dies war sinnvoll, um die Hochspannungsversorgung von Kathodenstrahlröhren zu prüfen, die für damalige Fernsehgeräte häufig eingesetzt wurden.
Modell 8 hatte keine ÷2-Taste mehr – sondern eine Taste, die mit „REV MC“ beschriftet war. Mit dieser wurde die Polarität des Instruments umkehrt, ohne die Prüfleitungen umstecken zu müssen. Diese Eigenschaft zielte ganz klar auf Anwender am Elektroniksektor ab, die Spannungen maßen, die sowohl positiv als auch negativ in Bezug auf einen bestimmten Referenzpunkt sein können, wie zum Beispiel die Masse oder das Gehäuse.
AVOMETER Modell 8 Mk 5
In den 21 Jahren nach Einführung des revolutionären Multimeter Model 8 Mk 1 wurden die Modelle Mk 2, 3 und 4 auf den Markt gebracht. Diese sollte man eher als evolutionär bezeichnen. Ein Revolution gelang dagegen wieder dem Modell 8 Mk 5, (Bild: Megger_Multimeter8MK 1+5) welches am 31. Oktober 1972 herauskam. Es war sowohl innen als auch außen komplett neu konstruiert. Bilder. Dieses Multimetr hatte ein komplett neues Messwerk, es war komplett neue verdrahtet, es hatte neue Shunts und es hatte verbesserte Bedienelemente.
Das zentrale Messwerk war erstmals inhärent selbstschirmend, es hatte ein verbessertes Drehmoment/Gewichts-Verhältnis und war wesentlich robuster als sein Vorgänger. Die Schutzabschaltung bot einen deutlich besseren Schutz gegen Fehlbedienung. Die Konstruktion des neuen Multimeters basierte auf neuen Unterbaugruppen, die Montage und Service erleichterten. Diese Baugruppen wurden flexibel miteinander verbunden. Eine weitere Innovation war die Anwendung von Shunts in Form von gedruckten Widerständen in Verbindung mit Kühlelementen. 1980 kam das Multimeter 8 Modell Mk 6 heraus. Es hatte eine neue Anordnung der Bereichsschalter. Modell 8 Mk 7 war das letzte AVOMETER dieser Reihe. Dieses Multimeter wurde 1988 in den Markt eingeführt.
Das Ende der AVOMETER
Modell 8 Mk 7 war bis Oktober 2008 in Produktion.(Bild: AVO_Modell_8MK7) Selbst in den letzten Fertigungsmonaten war der Auftragseingang gleichmäßig hoch. Als die endgültige Einstellung der Produktion angekündigt wurde, trafen derart viele Bestellungen ein, dass nicht alle erfüllt werden konnten. Der Grund für die Einstellung der AVOMETER-Produktion waren Engpässe in der Ersatzteilproduktion. Es gab aber noch ein anderes Problem – viele Mitarbeiter in der AVOMETER-Fertigung näherten sich der Pensionierung und es war einfach unmöglich, Feinmechaniker mit der notwendigen Erfahrung mit analogen Multimetern zu finden. Megger musste daher widerstrebend die Entscheidung treffen, keine analogen AVOMETER mehr herzustellen.
Doch nicht das Ende der AVOMETER
Obwohl AVOMETER Modell 8 Mk 7 das letzte analoge Multimeter bei Megger war, bedeutet das nicht das Ende für die AVO-Produktlinie. Megger führt heute diese große Tradition mit seinen modernen, digitalen Multimetern AVO410 weiter (Bild: Megger_Multimeter_AVO410)